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GiBBS-Tagung: Baustoffbranche auf dem Weg zu mehr Artenschutz

Personen mit Westen und Helmen in einer sandigen Tagebau-Landschaft mit Kleingewässer

Exkursion in den Quarzsand-Tagebau Frechen am Vortag der Fachtagung. Foto: IÖW

Noch immer ist der Bedarf an Sand, Gips, Kalkstein und Kies in Deutschland hoch. Für ihre Gewinnung greifen Baustoffunternehmen in die Natur ein – doch zugleich bergen die Abbaustätten auch Chancen für die Biodiversität: Durch gezielte Maßnahmen können Lebensräume für seltene, teils bedrohte Arten entstehen. Die Fachtagung „Artenschutz in der Baustoffindustrie“ am 1. Oktober 2024 im Museum Koenig, Bonn, stellte Praxisbeispiele und Empfehlungen vor. Vertreter*innen aus Wirtschaft, Naturschutzbehörden, Zivilgesellschaft und Wissenschaft folgten der Einladung des Projekts GiBBS, das vom Bundesforschungsministerium gefördert und vom IÖW geleitet wird. 

„Egal ob kleines, mittleres oder großes Rohstoff-Unternehmen: Durch ein gezieltes und ganzheitliches Biodiversitätsmanagement ist Artenschutz mit dem Betriebsablauf vereinbar“, sagt Projektleiterin Anneli Heinrich vom IÖW. Sie möchte die Unternehmen ermutigen, ihren Beitrag gegen das Artensterben zu leisten. Denn Abbaustätten sind oft Refugien für seltene Arten, wie die Keynote-Speaker Professor Karel Prach, University of South Bohemia, und Professor Christoph Scherber, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), betonen. 

So kommt zum Beispiel der hübsche Vogel Bienenfresser in Deutschland fast ausschließlich in Abbaustätten vor. Auch Insekten wie die Sandschrecke und Pflanzenarten wie heimische Orchideen profitieren von den offenen, nährstoffarmen Lebensräumen, die beim Abbau entstehen. 

Exkursion zu den Quarzwerken Frechen 

Vom Uhu-Kasten über eine Fledermaushöhle bis hin zur Steilwand für Bienenfresser: Britta Franzheim berichtet bei einer Exkursion am Vortag der Fachtagung, welche Maßnahmen die Quarzwerke Frechen für die Biodiversität umsetzen. Die Biologin kümmert sich um die Artenschutzprojekte und bietet häufig Führungen durch den Betrieb an. 

Wenige Meter neben dem aktiven Quarzsand-Tagebau besichtigen die Exkursionsteilnehmenden neu angelegte Kleingewässer. Kreuz- und Wechselkröten benötigen solche Pioniergewässer zum Laichen. Am sandigen Ufer gibt es einige Kies-Inseln speziell für den Flussregenpfeifer, der hier im Frühjahr brütet. Einmal im Jahr müssen diese Lebensräume gepflegt werden, damit sie nicht überwuchern und ihren Charakter als Offenland behalten. 

Arten effizient erfassen

Um den Erfolg solcher Biodiversitätsmaßnahmen zu messen, können Unternehmen ein Monitoring durchführen. GiBBS hat dafür verschiedene Methoden verglichen und Empfehlungen entwickelt. Hierfür untersuchten Biolog*innen der Universität Münster und des LIB 14 aktive Abbaustätten, wo sie insgesamt 355 Pflanzenarten, weit über 800 Insektenarten und 13 Amphibienarten fanden. 

Doch ist das für Unternehmen leistbar? „Wenn man die geeigneten Zielarten ausgewählt hat, reichen ein, zwei Kontrollgänge pro Jahr, um die Arten nachzuweisen“, ermutigt Professor Norbert Hölzel, Universität Münster, bei der Podiumsdiskussion. 

Citizen Science kann eine sinnvolle Ergänzung sein

Nicht alle Unternehmen haben eine hauseigene Biologin oder können ein Fachbüro beauftragen. Bürger*innen mit sehr guten Artenkenntnissen können als Citizen Scientists einen Teil des Monitorings übernehmen, so Elena Kortmann und Podiumsgast Dr. Joachim Eberhardt vom NABU. Zur Unterstützung hat GiBBS einen E-Learning-Kurs entwickelt. 

Unternehmer Sascha Wagener, AHE Schaumburger Weserkies GmbH, arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit dem NABU zusammen. Auf dem Podium lobt er die vertrauensvolle Kooperation und ist dankbar für die Naturschutzexpertise der Ehrenamtlichen. 

„Und wie kommt der Zug nun weiter ins Rollen?“ 

Mit dieser Frage richtet Moderator Rainer Kurlemann den Blick auf die „Next Steps“. Im Winter veröffentlicht GiBBS ein Handbuch, das beim Biodiversitätsmanagement unterstützt und dabei alle Ebenen der Unternehmen mitdenkt. Podiumsgast Ivonne Arenz vom Bundesverband Mineralische Rohstoffe e.V. (MIRO) kündigte an, dass ihr Verband breit über das Projekt informieren wird, da die Sicherung und Förderung von Biodiversität auch weiterhin ein hochaktuelles und bedeutendes Thema der Gesteinsbranche bleibt.

Zentral ist jedoch, dass auch die Naturschutzbehörden die Ergebnisse des Projekts aufgreifen. Carolin Röken – Regierungspräsidium Kassel, Obere Naturschutzbehörde – stimmt zu, dass Renaturierungspläne nicht nur Aufforstung, sondern auch offene Lebensräume mit Beweidungskonzepten vorsehen sollten. Zudem empfiehlt sie, Rohstoffbetriebe durch Jahresgespräche und gemeinsame Begehungen beim Artenschutz zu begleiten. 

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