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Energiegemeinschaften fördern: Was die Politik jetzt tun sollte

Tausende Bürger*innen setzen sich vor Ort für die Energiewende ein. Sie sind Teil von Energiegemeinschaften und investieren in lokal erzeugte erneuerbare Energien. Forschende vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), der Leuphana Universität Lüneburg und dem Ecolog-Institut zeigen in einem aktuellen Politikpapier die hohe Relevanz der Energiewende von unten auf und weisen darauf hin, dass die Potenziale viel höher seien als bislang ausgeschöpft. Sie empfehlen der Politik, klare Förderbedingungen zu schaffen, die Bürger*innen besser zu informieren und Hürden sowie Bürokratie abzubauen. Nur so könne es gelingen, den Zielvorgaben der Europäischen Union zu folgen: Diese sehen vor, dass in jedem Ort mit mehr als 10.000 Einwohner*innen mindestens eine Energiegemeinschaft entstehen soll.  

Regulatorik und Möglichkeiten von Energiegemeinschaften bislang Flickenteppich 

Schätzungsweise gibt es etwa 2.500 bis 3.000 Energiegemeinschaften in Deutschland. Ihre Mitglieder genießen neben günstiger Energieversorgung auch soziale Wirkungen wie eine Wissensvermittlung zur Energiewende oder dass ihre Gemeinschaft vor Ort gestärkt wird. Auch die Energiepolitik und das Energiesystem gewinnen: Energiegemeinschaften fördern lokal die Akzeptanz für die Energiewende und finanzieren die Umstellung auf Wind- oder Sonnenenergie mit. Obwohl Studien den Energiegemeinschaften europaweit ein hohes Potenzial zuschreiben, entwickeln sich die partizipativen Modelle in Deutschland nur schleppend weiter. 

„Für den Bund stehen Energiegemeinschaften bislang nicht im Zentrum, wenn es darum geht, das klimaneutrale Energiesystem der Zukunft zu gestalten. Impulse kamen zuletzt vor allem auf Ebene der Länder oder der Europäischen Union“, betont Energieexpertin Swantje Gährs vom IÖW. „Mit dem im Mai 2024 in Kraft getretenen Solarpaket ist die Bundesregierung zwar erste Schritte gegangen, aber neue Energiegemeinschaftsmodelle wie etwa Energy Sharing, bei dem Teilnehmende nicht nur in Energieanlagen investieren, sondern auch gemeinschaftlich die Energie nutzen, sind nach der aktuellen Regulatorik immer noch nicht möglich. Wir empfehlen der Bundespolitik und -verwaltung, die Potenziale von Energiegemeinschaften für die Umsetzung und Akzeptanz der Energiewende zu heben. Da Energiegemeinschaften sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich umsetzbar sind, könnte potenziell der überwiegende Teil der Bürger*innen an Energiegemeinschaften teilhaben und davon profitieren.“ 

Jetzt nötig: Strategie etablieren, Engagement wertschätzen und Bürokratie abbauen 

Mit einer Analyse aktueller politischer Prozesse und Learnings aus der Forschung zu Commons zeigen die Wissenschaftler*innen, dass es eine übergreifende Strategie auf Bundesebene braucht. Diese sollte sowohl quantitative Ziele für Energiegemeinschaften festlegen, als auch den Rahmen schaffen, in dem sich gemeinschaftliche Modelle weiterentwickeln können. Ein Energiegemeinschaftsgipfel kann ein geeigneter Raum sein, um Ziele und Strategie gemeinsam mit allen Akteuren zu diskutieren. 

„Gerade den regulatorischen Rahmen ändert die Politik bisher zu langsam und zögerlich. Es braucht mehr Mut, um Energiegemeinschaften als Säule im Energiesystem zu etablieren und den Bürger*innen zu signalisieren, dass ihre Beteiligung und ihr Engagement in der Energiewende erwünscht und notwendig sind“, erklärt der Ökonom Lars Holstenkamp von der Leuphana Universität Lüneburg. Bürokratische Hürden und komplexe Rahmenbedingungen setzen dem Engagement der Gemeinschaften aktuell Grenzen. 

Um die Modelle noch mehr in die Breite zu tragen, fordern die Forschenden neutrale Informationsstellen, wie es sie etwa bereits in Österreich gibt. Auch sollten lokale Kooperationen zwischen etablierten Akteuren wie Stadtwerken und gemeinschaftlichen Modellen von Bürger*innen gefördert werden. So könnten Energiegemeinschaften nicht nur eine Möglichkeit für Bürger*innen sein, an der Energiewende teilzuhaben – auch die Transformation des Energiesystems insgesamt kann von der Akzeptanz, Stabilität und Finanzierung profitieren.  

Über das Projekt 

Swantje Gährs vom IÖW und Lars Holstenkamp von der Leuphana Universität Lüneburg und dem Ecolog-Institut leiten die Nachwuchsgruppe „SteuerBoard Energie“, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Schwerpunkts Sozial-ökologische Forschung gefördert wird. Hier forschen vier Doktorand*innen gemeinsam mit der Leitung zur Frage, welche Governance Energiegemeinschaften brauchen, um ihre Potenziale zu entfalten. Im Fokus stehen dabei spezifische Modelle wie Energy Sharing oder Pooling von Speichern und deren sozio-ökonomische und ökologische Wirkung. Daneben untersuchen sie die Governance für Energiegemeinschaften in allen europäischen Mitgliedsstaaten und deren Einfluss auf Transformationspfade. 

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